Die Graupners vor der Arena di Verona

„Es war wie Schweben über die Alpen“

Freilassinger Ehepaar ist von Weitwanderung mit Barfuß-Schuhen zurück – Sportlicher Ehrgeiz und Verzicht auf Luxus

Reichenhaller Tagblatt / Freilassinger Anzeiger, Julian Traublinger, 10.09.2020

Die Graupners vor der Arena di Verona
Angekommen: Die Graupners vor der Arena di Verona. − Fotos: privat

Freilassing. Am Ende gingen sie dann sogar sieben Kilometer weiter als sie eigentlich gemusst hätten, die beiden Freilassinger Weitwanderer Manfred und Barbara Graupner bei ihrer jüngsten Alpenquerung, die sie rund 500 Kilometer von Bregenz nach Verona führte. „Uns ging auf einem Höhenzug das Bargeld aus und wir mussten 400 Höhenmeter hinunter ins Dorf zum Geldautomaten“, verrät Manfred. Um dann wieder zum Etappen-Startpunkt zu kommen, nahmen sie ein Taxi. Das war aber auch schon der einzige Luxus, den sich die beiden in den 20 Tagen gegönnt haben.

Jeden Tag übernachteten sie dabei in einer anderen Hütte. Manchmal mussten sie aber auch auf ihr Zelt ausweichen, das sie mittrugen: „Denn wegen Corona waren einige der Hütten auf dem Weg geschlossen oder ließen nur eine begrenzte Gästezahl ein“, erzählt Manfred. Nicht die einzige Corona-Auswirkung, mit der die Graupners konfrontiert waren – tatsächlich war die Pandemie schon bei der Vorbereitung Thema. „Anfangs äußerten manche Leute schon ihre Sorgen wegen dem Zielland Italien im Zusammenhang mit Corona“, erinnert sich Barbara. Doch sie und ihr Mann sind froh, dennoch gestartet zu sein, denn – ebenfalls eine Auswirkung der Pandemie: Durch sie waren die beiden Freilassinger trotz des eigentlich seit Jahren bestehenden Wanderbooms auf vielen Wegen alleine.

Straßenschilder am passo Redebus in verschiedenen Sprachen
Entdeckt: Sprachinseln in Italien.

Das kosteten sie aus und konnten so die kulturellen und geschichtlichen Besonderheiten auf dem Weg besonders genießen. Zum Beispiel italienische Dörfer, die sozusagen Sprachinseln mit alten bayerischen Dialekten sind. Einen geschichtlichen Eindruck vom 1. Weltkrieg erlebten die Graupners am Monte Passubio nahe des Gardasees. Dort hatten sich österreichische Soldaten einfach in den Berg gebohrt und sprengten den Gipfel mitsamt den feindlichen Italienern in die Luft. „Das war bedrückend und sowas von absurd“, sagt Manfred Graupner, „aber auch sehr interessant.“

Beeindruckend: Tunnel aus dem 1. Weltkrieg.

Aber nicht nur das Natur- und Geschichtserlebnis reizte die beiden Freilassinger, sondern freilich auch die sportliche Herausforderung: Rund 500 Kilometer Wegstrecke und 24000 Höhenmeter bewältigten sie in 20 Tagen. Wie kamen sie überhaupt zum Weitwandern? „Wir haben mit mehrtägigen Touren angefangen, dann packte uns die Abenteuerlust“, schildern die Graupners. Und auch, wenn sie bereits geübte Wanderer sind: „Die erste Woche war hart“, blickt Barbara Graupner zurück, „aber dann hat sich der Körper an den Rhythmus gewöhnt und der Rucksack ist immer leichter geworden.“


Bei Gewitter gewährte eine Familie Unterschlupf


Eine besondere Herausforderung bestand heuer darin, dass die Graupners so viel wie möglich mit sogenannten Barfußschuhen wandern wollten. „Dass wir ohne feste schwere Wanderstiefel ins Hochgebirge gehen, war für viele nicht nachvollziehbar“, sagt Barbara. „Doch wir mögen es, das Gefühl für den Boden zu bekommen und etwas für einen gesunden Gang zu tun.“ „Über Waldboden glaubst du, du schwebst“, so Manfred, „aber für Untrainierte ist es nichts“, sagt er. „Wir gingen damit sogar einmal über ein Schneefeld.“

Doch wenn das Wetter nasskalt war, waren sie froh um ihre Zustiegsschuhe – auch wenn durch sie mit dem Zelt der Rucksack proppevoll war. Nach rund 400 Kilometern auf dieser Tour sind die Barfußschuhe immer noch verwendbar. „Wir waren schon gespannt, wie lange sie halten.“

Ein schönes Erlebnis hatten sie, als sie sich bei einem schweren Gewitter unter ein Hausdach stellten: Die Bewohner entdeckten sie und gewährten ihnen Unterschlupf. Mit Händen und Füßen konnten sie sich verständigen und die Graupners sind ihnen noch heute dankbar, weswegen sie sich fest vornahmen, eine Dankeskarte aus Freilassing zu senden.