Eva Lettenbauer, Wolfgang Ehrenlechner und weitere bei Biobauer Buchwinkler

Ehrenlechner schlägt Windrad auf Teisenberg vor

Grüner Wahlkreiskandidat mit Landesvorsitzender Eva Lettenbauer unterwegs

Reichenhaller Tagblatt / Freilassinger Anzeiger, 21.09.2021

Beitragsbild: Der Betrieb von Saaldorf-Surheims Bürgermeister Andreas Buchwinkler (rechts) war eine der Stationen, die die grüne Landesvorsitzende Eva Lettenbauer (zweite von links) gemeinsam mit Wahlkreis-Kandidat Wolfgang Ehrenlechner (rechts neben ihr) und weiteren Interessierten besichtigten. − Foto: Julian Traublinger

Freilassing/Surheim. Wie ist es um Infrastruktur, Wirtschaft, aber auch Kultur im Rupertiwinkel bestellt? Bei einer Reihe von Ortsterminen informierte sich Grünen-Landtagsabgeordnete Eva Lettenbauer auf Einladung ihrer heimischen Parteifreunde zu diesen Themen. Im Anschluss sprach sie gemeinsam mit Bundestagsdirektkandidat Wolfgang Ehrenlechner bei einer Abendveranstaltung im Surheimer Neuwirt vor Publikum zum Thema „Wirtschaft mit Zukunft – Ideen für Stadt und Land“, berichten die Grünen.

Zunächst aber machte der grüne Tross am Freilassinger Bahnhof Station. Freilassings 3. Bürgermeister Wolfgang Hartmann begrüßte die Parteifreunde, sprach die Entwicklung des S-Bahn-Verkehrs an und ging auf den dringend notwendigen Umbau zur Barrierefreiheit ein. In ihrer Rede konstatierte Eva Lettenbauer später, dass der Freilassinger Bahnhof „leider kein Aushängeschild“ sei.

Von der Eisenbahn ging es zum Freilassinger Bioladen, den Direktkandidat Wolfgang Ehrenlechner als „Lichtblick“ in der Stadt bezeichnete. Inhaber Erwin Hurter sprach sich für mehr Steuergerechtigkeit für den Einzelhandel vor Ort aus, der derzeit gegenüber Internetriesen benachteiligt sei.

Auf dem weiteren Fußmarsch durch die Hauptstraße sprach Wolfgang Hartmann die Fußgängerzone an. Zu sehen waren viele Bekleidungsgeschäfte großer Filialketten oder auch diverse Banken. Diese machten die Innenstadt nicht aus, so der 3. Bürgermeister, denn die gibt es in anderen Städten auch. Es wäre wünschenswert, mehr Handwerker mit ihren Läden in der Fußgängerzone zu finden. Beim Vergleich mit dem Traunsteiner Stadtplatz wies er auf die zentrale Funktion der Kreisstadt hin sowie die größere Einwohnerzahl. Dass Freilassing nominal ein Oberzentrum geworden ist, noch dazu nur zusammen mit Bad Reichenhall, leuchtet Hartmann nicht ein.

Von einigen weiteren Stationen im „Oberzentrum“ Freilassing ging es anschließend weiter ins benachbarte Haberland. Dort besuchten sie den Biohof Knoll, wo Nebenerwerbsbauer Andreas Buchwinkler über seinen Betrieb informierte. Der Bürgermeister von Saaldorf-Surheim stellte unter anderem den Mini-Hofladen mit Selbstbedienung vor.

Einen passenden Rahmen zum Vortrag des Duos Ehrenlechner und Lettenbauer bot anschließend der Surheimer Neuwirt mit seiner vegetarischen Küche. Ganz ohne Spickzettel stellten der Bundestagsdirektkandidat und die Abgeordnete klar, was sie in der bayerischen, aber auch der Bundespolitik bewegen wollen.


Freilassings Industrie bald klimaneutral?


So gab Ehrenlechner das Ziel aus, dass die erfolgreichen großen Freilassinger Industriebetriebe in Zukunft alle durchwegs klimaneutral wirtschaften. Auch das Thema Infrastruktur stand im Vordergrund, ob es nun Handynetz und Internetanschluss ist, oder die Neugestaltung des Bahnhofs, für die sich Hartmann laut dem Kandidaten „ganz vorne“ einsetze. Wenn es nach Ehrenlechner geht, dann wird die A 8 nicht in dem geplanten Umfang ausgebaut – „das entspricht nicht dem Bedarf“. Stattdessen müsse es vermehrt zu Car Sharing, Ruf-Bussen und Umstieg auf das Fahrrad kommen.

Infrastruktur bedeute nicht nur Straßenbau, sondern auch ein attraktives öffentliches Verkehrsangebot. „Wir werden die CSU aus dem Bundesverkehrsministerium vertreiben, damit dort in Zukunft kein Autominister mehr sitzt, sonder ein Verkehrsminister, der grüne Politik für alle Menschen macht“, haute der Direktkandidat unter Beifall im Saal auf die Pauke.

Das wichtigste Ziel aber sei der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien. „Wir haben keine Zeit mehr für Diskussionen“, so Ehrenlechner. Ein großer Teil der Energie solle dezentral erzeugt werden. Bayern solle kein Stromimportland werden, das von Mega-Stromtrassen aus dem Norden abhängig ist. Ehrenlechner sprach sich entschieden für eine Abschaffung der bayerischen „10-H-Regel“ bei Windkraftwerken aus. Zum einen kann er sich Windkraft-Anlagen auf dem Teisenberg vorstellen, gleichzeitig ist der Bundestagskandidat dafür, dass Photovoltaikanlagen auf den Dächern zum Standard werden.

Was seinen Plan für die Wirtschaftspolitik angeht, so plädierte Ehrenlechner auf einen Mindestlohn von zwölf Euro brutto pro Stunde. Dieser solle automatisch mit der Zeit angehoben werden, gebunden an die Tarifverträge. Die Unzufriedenheit durch soziale Nachteile spalte die Gesellschaft. Stattdessen sollten Kinder mit einer ausreichenden Kindergrundsicherung so aufwachsen, dass sie ein gutes Leben haben.

Vieles hatte er damit seiner Kollegin Lettenbauer vorweggenommen. Die insbesondere darauf hinwies, dass es sie bedrücke, „dass Frauen und Männer bei weitem unterschiedlich bezahlt werden.“ Deshalb forderte sie ein „Entgeltgleichheitstransparenzgesetz“, damit Frauen effektiv ihren Lohn vergleichen können. Ein Aspekt war für Lettenbauer weiter, dass Vollzeit in Zukunft auch 30 Wochenstunden bedeuten könne. „Ich bin mir sicher, in jungen Partnerschaften würden dann oftmals beide verkürzen“, was der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zugute käme.


Gretchenfrage: „Wo packen wir den Wohnbau hin?“


Eine angeregte Diskussion entzündete sich an einer Publikumsfrage von Barbara Nicolai zum Thema Wohnbau: „Wo packen wir die Wohnungen hin?“ fragte sie, denn es sollten ja keine Flächen mehr versiegelt werden. Einig waren sich schließlich alle, dass es eine gute Mischung braucht. Während in Freilassing laut Hartmann in letzter Zeit nur noch Geschosswohnungsbau geplant wurde, werden Ehrenlechner zufolge in vielen Gemeinden große Gebiete ausgewiesen, auf denen ausschließlich Einfamilienhäuser entstehen. Sowohl Ehrenlechner als auch Lettenbauer sprachen sich dafür aus, dass die Kommunen „die Hand auf dem Bauland“ haben sollten. Sie sollten wieder in den öffentlichen Wohnungsbau einsteigen, wie zum Beispiel in der Nachkriegszeit zugunsten von Vertriebenen.