Mannschaftsfoto mit Prof. Dr. Barbara Scharrer, Präsidentin des Rotary Club Salzburg International

Nach dem Aufstieg nicht die Bodenhaftung verlieren

Rückblick und Ausblick beim BGL International Freilassing, C-Klasse 8, 2021/22

Beitragsbild: Mannschaftsfoto beim letzten Punktspiel mit stehend v. l. spielender Cheftrainer Thomas Mooser, Präsidentin des Rotary Club Salzburg International, Prof. Dr. Barbara Scharrer, Schiedsrichter Mohammad Hassan, die Spieler Niklas Wiesner, Mohsen Mahedi, Peter Anigene, Baboucarr Jarjoy, Drazen Mostarac, Dominik Zeba, Michael Shvarc, Sebastian Hempfer, Bassam Almawas, Mental Coach Bernard Payet und vorne v. l. die Spieler Abdirashiid Mohamed, Morad Kerkor, Bashiir Kader Yusuf, Samuel Ghebreslassie, 2. Torwart Ahmed Alabboud, 1. Torwart Kerkor „Bashir“ Kerkor, Awet Tekleab, Ali Almawas, Vincent Omoregie und Simon Mougel, Foto: Julian Traublinger

Text: Julian Traublinger mit Thomas Mooser

Freilassing. Es ist ein gutes Stück Weg gegangen für die bunt gemischten Fußballer des BGL International Freilassing von 2018 e.V.. Von den Anfängen beim TSV in der C-Klasse 2017/18 über die Selbständigkeit ab 2019 bis zum jetzigen Erfolg auf Rang zwei und damit dem erstmaligen Aufstieg in die nächsthöhere Liga, die B-Klasse. Der gelang bereits in der zweiten Saison des jungen Vereins, nachdem man noch in der „Corona-Spielzeit“ 2019/20/21 den vierten Platz gemäß Quotientenregelung belegte.

Die längste Zeit über sahen die Freilassinger als Meisterschaftsaspirant aus, die Mannschaft blieb bis zum Rückspiel gegen SV Laufen II am 24. April diesen Jahres als einzige im Wettbewerb ungeschlagen und hatte den ersten Platz „gepachtet“. Mit Punktverlusten gegen die Salzachstädter und dann noch die FA d. SC Weißbach II zog Verfolger TSV Waging am See II vorbei. Im direkten Vergleich holte Freilassing bei den Seerosen einen 3:2-Auswärtssieg und ein 1:1 zu Hause – jeweils heiße Fights.

Im Pressegespräch nach dem finalen 6:2-Erfolg gegen SV Marzoll äußerte sich das Trainergespann aus Thomas Mooser und Mental Coach Bernard Payet zusammen mit vier von den Spielern. Auf die Frage nach besonderen Matches nannte Stürmer Simon Mougel die Auswärtsspiele gegen WSC Bayerisch Gmain II (3:1 gewonnen) und TSV Berchtesgaden (2:2). „Die Mannschaft hat hier Moral gezeigt“, konstatierte er.

Kapitän und Innenverteidiger Peter Anigene meinte im Rückblick auf 2021, es sei nicht leicht gewesen. „Aber in der Vorbereitung wurden die Schwächen ausgemacht und angegangen. Wir haben gut angefangen. Bis jetzt lief es ganz gut und ich hoffe, dass wir das Niveau halten nach dem Aufstieg.“ Mougel sprach von einer „super Saison“, auch wenn die Mannschaft ab dem Laufen-Spiel „ein bisschen auseinandergebrochen“ sei. Im letzten Spiel gegen Marzoll hatte man sich wieder gefunden. Dementsprechend konnte Anigene sagen: „Mir gefällt die Art und Weise, dass wir wissen, wenn wir Fehler machen und daran arbeiten, besser zu werden. Und der Zusammenhalt ist gut. Ich weiß selbst nicht einmal, wie viele Nationalitäten wir haben (lacht). Wir alle sind reifer geworden und zusammengewachsen.“

Beim Pressegespräch im Badylon-Restaurant v. l. Bernard Payet, Thomas Mooser, Simon Mougel, Peter Anigene, Baboucarr Jarjoy, Vincent Omoregie und Julian Traublinger, Foto: Mohammad Hassan

Außenverteidiger Vincent Omoregie war ebenfalls zufrieden beim Resümee. Er kam dazu, bevor die Saison begann. Das 3:2 in Waging betrachtete er als sehr starkes Spiel. Aber das sei erst der Anfang. „Wir müssen uns in der nächsten Punktspielperiode weiterentwickeln“, so Omoregie. Ein weiterer Neuzugang in der Gesprächsrunde ist Baboucarr Jarjoy. Er kam vom TSV Teisendorf, weil er dort nicht so viel Spielpraxis sammeln konnte. Nach ein paar Trainingseinheiten mit den Oberteisendorfern entschied er sich für BGL International und „hier fühle ich mich sehr wohl, wie in einer Familie“.

Bei aller Freude wird auch klar, woran der Verein arbeiten muss. Mougel merkte an, dass es in dieser Spielzeit noch zu viel Personalfluktuation gab. „Wir brauchen mindestens 15 Spieler, die konstant dabei sind“, meinte er. Hier hakte Spielertrainer Mooser ein: „…dass sich einer auf den anderen verlassen kann. Ja, das ist auch mein Ziel. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Es wollen jetzt noch mehr Spieler Verantwortung übernehmen im Gespräch, aber auch auf dem Platz. Jetzt muss jeder den Verein als seine persönliche Sache sehen und sich einbringen. Es ist nicht mein Verein, es ist der Verein von jedem einzelnen Spieler, es ist unser aller Verein.“

Mental Coach Bernard Payet fasste seine Sicht und die Ziele für das Team zusammen: „Es ist bisher eine ganz schöne Reise gewesen, eine Achterbahnfahrt. Das Ziel ist, persönlich zu reifen und etwas wirklich gutes für andere tun zu können. Wenn wir dazu stehen, können wir zusammen wachsen. Vor allem sollten wir nicht vergessen, wo wir herkommen. Wir dürfen unsere Wurzeln nicht verlieren, sonst kommen wir nicht weiter. Unsere Werte zu leben, ist der Kern. Auf der Basis dieser Einstellung können sich auch unsere Leistungen auf die bestmögliche Art und Weise entfalten. Die Wahrheit ist, dass wir zuerst Menschen sind.“

Freundschaft von Mensch zu Mensch: Die beiden Freilassinger Fußballer Simon Mougel (l.) und Awet Tekleab, Foto: BGL International Freilassing von 2018 e. V.

Eine praktische Grundlage für den Fußballverein ist das Einwerben von Geld für die Finanzierung des Spielbetriebs und das Material. Als Mooser ein paar Zahlen nannte, staunten die Spieler. An die Adresse von Organisatoren und Sponsoren gab es ein Lob von Omoregie: „Es geht nicht nur um Fußball, sondern um menschlichen Zusammenhalt. Ich bedanke mich im Namen aller Spieler bei den Organisatoren und den Sponsoren, dass sie es schaffen, diese Mannschaft in guten wie schwierigen Zeiten zusammenzuhalten.“

Im Laufe von 2022 konnte hier eine langfristige Partnerschaft mit einem neuen Unterstützer und Trikotsponsor angebahnt werden. Der selbst recht junge Rotary Club Salzburg International ermöglichte die komplette Anschaffung einer neuen blau-gelben Spielkleidung mit dem Club-Logo. Die Club-Präsidentin Prof. Dr. Barbara Scharrer stattete den Internationalen beim letzten Heimspiel gegen den SV Marzoll im Badylon einen Besuch ab. Mehrere Freiwillige aus den Reihen der Spieler ergriffen ein paar Tage vorher die Gelegenheit, sich beim Rotary Club Salzburg International mit persönlichem Einsatz zu revanchieren. Sie unterstützten beim Aufbau und der Durchführung einer„E-Rallye“ durch Salzburg und BGL, einer exklusiven Charity-Veranstaltung mit einer großen Abendgala, zu der die Spieler dann aus Dank ebenfalls eingeladen wurden. Der persönliche Austausch durch diese gemeinsamen Tätigkeiten war ein großer Gewinn für beide Seiten.

Der jüngste sportliche Erfolg, aber auch die Errungenschaften neben dem Platz begründen eine breite Unterstützerbasis, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss. Jörg Brunecker ist Geschäftsführer eines führenden Kanalsanierungsbetriebes und zugleich Hauptsponsor des Teams. Brunecker und Thomas Zuhr, Geschäftsführer eines Münchner Kunstbuchverlages, waren von der Arbeit und der Vision des Vereins überzeugt und nahmen sich von Beginn weg der Sache an. Darüber hinaus steht das Fachprogramm „Integration durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) seit bereits drei Jahren dem Team zur Seite. Es wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat und erkannte den Club sogar offiziell als Stützpunktverein an. Seit zwei Jahren fördert der Bayerische Jugendring (BJR) das Vereinsprojekt „Interkick – Führungsspieler von morgen“ mit seinem Programm „Integration in der Kinder- und Jugendarbeit“, gefördert durch das Bayerische Ministerium für Arbeit, Familie und Soziales. Dieses Programm befasst sich vor allem mit dem Coaching-Aspekt.

Fast alle Spieler des Teams, viele ehemals Geflüchtete, sprechen mittlerweile fließend deutsch, befinden sich in Ausbildung, auf weiterführender Schule oder arbeiten bereits als Geselle, aber vor allem stehen sie auf zwei Beinen hier mitten im Leben. Eine Situation, die noch bei Gründung des Teams nicht vorstellbar gewesen wäre, angesichts extrem schwieriger Umstände und scheinbar unüberwindbarer Hürden entlang des Weges.

Hier der aktuelle Artikel im Reichenhaller Tagblatt / Freilassinger Anzeiger als PDF:

Abschlussbericht 2021-22 mit Mannschaftsfoto

Und ein Link

zum Fußball-Onlinemagazin „Beinschuss“


Der Pressemann bei BGL International, Autor Julian Traublinger, kommt zu Ehren, Foto: Thomas Mooser