KOMMENTAR: Stur neben der Spur
Reichenhaller Tagblatt / Freilassinger Anzeiger, Johannes Geigenberger, 27.03.2021, siehe hierzu auch den Artikel zur Debatte im Freilassinger Stadtrat von Johannes Geigenberger, den Artikel zur Stellungnahme des Wifo und jeweils drei Leserbriefe vom 29. März und 31. März 2021.
An welcher Stelle der Diskussion um den Radstreifen an der Reichenhaller Straße sind Stadtrat und Bürgermeister eigentlich falsch abgebogen? Denn eins ist klar: Damit, dass es nun gar keinen Beschluss gibt, kann keine Seite zufrieden sein.
Zugegeben: Die Debatte stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Denn die ausführlichen Vorberatungen im Stadtentwicklungsbeirat haben ihren eigentlichen Zweck verfehlt – nämlich, dem Stadtrat „zuzuarbeiten“. Im Gegenteil: Das ein oder andere gewählte Mitglied des Stadtrats erschien regelrecht vor den Kopf gestoßen angesichts des Wissensvorsprungs im Bürgergremium.
Ob nun deshalb besonders wenig Wille zum Kompromiss erkennbar war? Denn Thomas Ehrmanns Vorschlag „Radstreifen da, wo sinnvoll“ wäre unter normalen Umständen vielleicht mehrheitsfähig und eine „gesichtswahrende Lösung“ für beide Seiten gewesen. So aber schalteten Radstreifen-Befürworter wie -Gegner auf stur. Insbesondere Bürgermeister Markus Hiebl kam dabei eine unrühmliche Schlüsselrolle zu. Spätestens nach dem Patt am Mittwoch hätte von Stadtseite eine echte Alternative aufgetischt werden müssen.
Stattdessen wurden die Stadträte latent unter Druck gesetzt nach dem Motto: „Wer dagegen ist, ist schuld, wenn wir 200000 Euro Förderung verlieren.“ Das ist zu kurz gegriffen: Denn auch Fördergeld ist Steuergeld, mit dem gewählte Bürgervertreter verantwortungsvoll wirtschaften müssen. Und Bürgermeister Hiebl muss zum ersten Mal in seiner Amtszeit eine ganze Menge Lehrgeld zahlen.
Johannes Geigenberger