Bürgermeister Hiebl und Polizeichef Huber

Corona und die Polizei: „Ein Kapitel für sich“

Nach außerordentlichem Jahr: Inspektionsleiter Huber zieht bei Bürgerversammlung durchwachsene Bilanz

Reichenhaller Tagblatt / Freilassinger Anzeiger, Johannes Geigenberger, 16.10.2021

Beitragsbild: Natürlich nur spaßeshalber überreichte Freilassings Polizei-Chef Gerhard Huber bei seinem Vortrag einen der ersten digitalen Strafzettel an Bürgermeister Markus Hiebl. − Foto: Julian Traublinger

Freilassing. Einerseits mehr Delikte, dafür eine gute Aufklärungsquote: So lautete die gemischte Bilanz von Freilassings Inspektionsleiter Gerhard Huber bei der Freilassinger Bürgerversammlung. Der bedauerte: „Der in den letzten Jahren registrierte Trend zu einer rückläufigen Kriminalitätsentwicklung konnte sich im abgelaufenen Berichtsjahr leider nicht fortsetzen.“ So stieg die Zahl der verzeichneten Straftaten im Jahr 2020 auf 1552, was – bereinigt durch grenzbedingte Sondereffekte – einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 26,3 Prozent bedeutet. Zuletzt gab es im Jahr 2014 so viele Fälle. Positiv: Die Aufklärungsquote ist ebenfalls gestiegen, und zwar auf über 65 Prozent.


Anstieg der Fälle – aber auch der Aufklärungsquote


Woran der Anstieg der Fallzahlen liegt, darüber kann nur spekuliert werden – freilich liegt aber der Verdacht nahe, dass Corona einen gehörigen Einfluss hatte. Und auch Huber gab zu: „Corona und die Polizeiarbeit – das ist eigentlich Stoff für einen abendfüllenden Vortrag.“ „Coronadelikte“ selbst sind aber normalerweise „nur“ Ordnungswidrigkeiten, fließen also nicht in die Deliktstatistik ein. Dafür gab es indirekte Effekte: Auffallend ist etwa die Zunahme im Bereich „Sachbeschädigungen“ – was natürlich nahelegt, dass gerade Jugendliche aus „Langeweile“ während des Lockdowns so ein Stück weit ihren Frust ausgelebt haben. Doch egal, was der Grund ist – Huber stellte jedenfalls klar, dass er da besonders wenig Verständnis hat: „Die Kosten trägt schließlich häufig die Allgemeinheit.“

Corona hatte aber auch „positive“ Effekte – Beispiel Verkehrsunfälle: „Ein Rückgang von knapp 20 Prozent ist nicht allein auf unsere nach wie vor sehr akribisch durchgeführten Präventions- und Überwachungsmaßnahmen zurück zu führen“, meinte Huber launig.

Erfreulich sei auch die Entwicklung in dem bekanntermaßen sehr sensiblen Deliktsbereich der Wohnungseinbruchskriminalität. „Ein erneuter Rückgang auf elf Einbrüche von im Vorjahr 16 ist neben der polizeilichen Schwerpunktsetzung sicher auch dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung zu verdanken.“ Dass die Wohnungseinbrüche zurückgingen, freute Huber vor allem deshalb so sehr, weil Einbrüche schließlich besonderen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger haben.

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Ob der Rückgang der Einbrüche auch damit zu tun hat, dass die Grenzen zeitweise geschlossen waren und auch die übrige Zeit verstärkt an den Übergängen kontrolliert wurde? Diese Kontrollen verantwortet bekanntermaßen die Bundespolizei, deren Inspektion ebenfalls in Freilassing beheimatet ist. Ehrensache, dass bei der Bürgerversammlung deshalb auch Bundespolizei-Inspektionsleiter Edgar Dommermuth das Wort erhielt. Seiner Einschätzung nach hätten die Grenzschließungen allerdings nur kurzzeitig einen nennenswerten Effekt auf das Verbrechensgeschehen gehabt – was etwa die versuchten Schleusungen anging. „Die sind sofort wieder sprunghaft angestiegen, als die Grenzen wieder geöffnet wurden.“

Aber nicht nur die Schleuser hätten dafür gesorgt, dass Dommermuth und seine rund 330 Mann starke Mannschaft die vergangene Zeit über gut zu tun hatte. „Egal welche Schicht: Jedes Mal ziehen wir auch andere Straftäter aus dem Verkehr.“ Von Trunkenheit im Verkehr über Drogenkonsum bis hin zu Waffenschmuggel reiche die Bandbreite. „Und das, obwohl unsere Kontrollen ja auch aus der Ferne gut sichtbar sind – und man also denken könnte: Straftäter sind so schlau, dann halt wieder umzukehren. Sie sehen: Wir leben von der Dummheit unserer Kundschaft“, meinte Dommermuth.

Dieser „Beifang“ an Straftätern wird übrigens von der Bundespolizei an die Landespolizei – also die Inspektion Freilassing – übergeben. Zusammenarbeit, die reibungslos funktioniert – und auch sonst sei das Verhältnis beider Polizeidienststellen äußerst gut – das bestätigten die beiden Polizei-Chefs unisono.


Durchschnittsalter bei der Bundespolizei: 32 Jahre


Gut sei auch das Verhältnis der Bundespolizei zur Stadt – und auf deren Unterstützung könne man sich auch weiter verlassen, meinte Bürgermeister Markus Hiebl angesichts des geplanten Umzugs aus dem Provisorium an der Lokwelt in einen Neubau im Süden der Stadt (wir berichteten). Dommermuth freute das naturgemäß – auch wenn er die Fertigstellung wohl nicht mehr im Dienst erleben wird. Launig meinte er: „Wir haben ein Durchschnittsalter von nur 32 Jahren – Sie können sich vorstellen, wie ich den Schnitt hebe.“ Sein sehr junges Team würde sich jedenfalls in Freilassing sehr wohl fühlen, meinte Dommermuth: „Die Bundespolizei ist in Freilassing angekommen.“